„Meister im Kaputtmachen“

Die Klima- und Artenkrise rückt uns auf den Pelz. Andere Krisen ziehen mit – im Gesundheits-, im Bildungs-, im Verkehrsbereich, im politischen Dasein und nicht zuletzt in der Wirtschaft. Manchmal weiß man nicht mehr, wo einem der Kopf steht. Die fetten Jahre sind vorbei so viel ist uns allen inzwischen klar. Bloß: Es fehlt an lösungsorientiertem Handeln zum positiven Gedeihen des Gemeinwohls, wirklich nachhaltig, Natur und Menschen langfristig schützend. Wenn mal gute Lösungen präsentiert werden, so wie kürzlich im Dorfgemeinschaftshaus Bonese von der „BI Schmölau gegen Windkraft im Wald“, werden sie kleingeredet, dumm gemacht, abgewertet. Von wem? Natürlich von denen, die finanziellen Nutzen von einer Investition haben. Der Streit um einen investorgetriebenen Windpark ist voll entbrannt. Der Investor mag selbst keine Windräder, will sie aber in der noch weitgehend naturnahen und unzerschnittenen nordwestlichen Altmark mitten in einen Wald stellen lassen. Er wohnt nicht vor Ort, er wohnt woanders. Bestimmt hat er auch
zuhause etliche Hektar Eigentum. Warum lässt er die Windkraftanlagen nicht dort aufstellen?
Den Gegnern des Windparks wirft er das Sankt-Florian-Prinzip vor, handelt aber selbst danach: Bei sich will er die riesigen Rotoren nicht sehen, nicht hören müssen. Woanders in Deutschland stoppt man inzwischen den investorengetriebenen Windenergieausbau – weil man weiß, dass damit vor allem privates Geld generiert wird und viel zu viele Anlagen in die Landschaft gestellt werden. Das scheint man in unserer Region nicht mitzubekommen.
Diese Arglosigkeit erstaunt. Den Gemeinderäten, den Bürgermeistern sowie allen Bürgerinnen und Bürgern der betroffenen Gemeinden muss klar sein, dass ein solcher Windpark nur den Beginn einer umfassenden Nutzungsänderung der Region ausmacht. Es hängt ein Schwanz am Vorhaben: riesige Speicherbauten, hohe Überlandstromtrassen, breite Baustraßen und massiver Lkw-Bauverkehr. Das muss man aushalten können, wenn man Ja zum Windpark sagt. Später wird die dreispurige B190n durch die Landschaft geknüppelt und auch das Atommüllendlager will einen Platz finden. Warum nicht dort, wo sowieso kaum einer mehr wohnen will, weil die Landschaft durch technische Anlagen unschön und laut geworden ist, keinen Erholungswert mehr bietet. Nicht zu vergessen: großflächige CCS – Kohlenstoffverpressung und Lithiumabbau. Gibt es noch obendrauf.
Ohne diese Naturausbeutung, so wird uns erzählt, komme die Wirtschaft nicht wieder auf die Beine. Von Nachhaltigkeit zum Wohle von Mensch und Natur: keine Spur. Denn Menschen waren immer schon Meister im Kaputtmachen. Sie wissen schon… der Fortschritt. Technische Lösungen werden favorisiert, der Natur geht es weiterhin massiv an den Kragen. Kommen immer mehr Strom erzeugende, flächenfressende, unschöne und laute Großtechniken in unsere Region, brauchen wir mit Tourismus als Regionalentwicklungsinstrument nicht weiterzumachen. Ade UNESCO-Welterbe „Grünes Band“, ade Altmark-Reisebücher, ade Radfahren, ade Wandern. Tourismus gibt es dann nur noch in ein paar Altmark-Städten, aber nicht mehr im ländlichen Raum. So, wie jetzt geplant, wird der ländliche Raum eine simple Energiezone mit zerstörter Landschaftsstruktur, aus der Einwohner und Gäste langfristig verschwinden.
Manchmal erinnere ich mich der griechischen Mythologie, als Kind meine Lieblingsliteratur. Kennen Sie den Unterschied zwischen Epimetheus und Prometheus? Letzterer handelt nach reiflicher Überlegung, während sein Bruder Epimetheus überstürzt agiert und erst später merkt, was er angerichtet hat. Ich wünsche mir sehr viel mehr Menschen in der Region, die genau hinsehen, die nachfragen, die nachdenken, die Konsequenzen erkennen, ihre Gleichgültigkeit überwinden und Zusammenhänge wahrnehmen. Menschen, die mutig dagegen kämpfen, was der Natur und damit letztlich ihnen angetan werden soll. Bäume und Wald verschwinden nicht nur in Südamerika, sondern überall auf der Welt. Auch in der Altmark.
Amanda Hasenfusz, Dahrendorf